This is Sempiternal

Titelbild des Blogartikels This is Sempiternal

Veröffentlicht am Nov 5, 2019 von
Dominic Burucker, Punk seit 2018.
Dominics Fokus liegt auf agent of change & servant leader.


This is Sempiternal

sempiternal

/ˌsɛmpɪˈtəːn(ə)l/

adjective

LITERARY

  1. eternal and unchanging; everlasting.
  2. “the sempiternal sadness of the industrial background”

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Im März 2013 hat die britische Postrockband Bring me the Horizon ihr vierte LP “Sempiternal” veröffentlicht.

Ich könnte mehrere Blogeinträge darüber schreiben warum diese Band die innovativste und wichtigste Band im Rockgenre ist, aber heute liegt der Fokus auf einem anderen Thema. Seit dem ich das Wort “Sempiternal” gehört habe ist es mir im Kopf stecken geblieben. Was hat das mit Agilität zu tun?

Here we go:

Ich hab jetzt einige Zeit in meiner neuen Firma gearbeitet und langsam aber sicher hat mich der eiserne Griff des “daily Business”. Am Anfang hatte ich diese fast schon patriotische Motivation, groß angelegte Projekte waren an der Tagesordnung und naive Herangehensweisen die Tools der Wahl.

Dieser Status hat sich nicht total verflüchtigt, auch wenn das Umfeld immer noch offen für Veränderung ist. Eine Sache die sich aber definitiv ohne externen Einfluss verändert hat ist der sichere aber langsame Transition von Makro Aufgaben zu Mikromanagement. Sei es zwischenmenschliche Interaktion auf Arbeit, wie Tasks geschätzt werden, welche Improvement-Ticketboards verstauben und so weiter. Das ist nicht unbedingt negativ, sondern unter Umständen einfach in der Natur mancher Rollen (ich schaue euch an “Middle Manager”.)

Die agile Antwort auf diesen Zustand ist Selbstorganisation. Je mehr ein Individuum tut ohne auf Befehle oder Anweisungen angewiesen zu sein, je mehr es befähigt und willig ist Verantwortung zu übernehmen desto selbstorganisierter ist es. Nicht umsonst heißt es dass der Scrum Master in einem idealen Scrum Team eigentlich überflüssig ist (wenn das Team sich selbst organisiert führen kann). Ein agiles Mindset besteht in seinem Kern aus der Fähigkeit und dem Willen so viel wie möglich durch Selbstorganisation zu erreichen.

Die Lösung wäre also das man zusammen mit seinen Team(s)und seiner Organisation ein Framework kreiert und alle befähigt in diesem Umfeld möglichst selbstorganisiert zu agieren. Das bedeutet wiederum, dass man jegliches “Micromanagement” so weit wie möglich runterschraubt, ja am besten abschafft.

Es ist also die konstante und stetige Aufgabe eines agile Coaches sich überflüssig zu machen. Hier wird es, zumindest meiner Meinung nach, kontradiktorisch. Prozesse sind evolutionär und “niemals fertig”. Das liegt in der Natur des konstanten Lernens und reagierens auf sich verändernde Umstände. Es braucht also immer auch “Ingenieure” die das Framework oder den Prozess warten, verbessern, Blaupausen für neues erarbeiten.

Die Arbeit eines Scrum Masters oder agile Coaches ist an sich schon sehr vage und evolutionär. Man muss sich immer wieder der jeweiligen Firma, den Anforderungen und gegebenen Realitäten anpassen. Ich würde behaupten das programmieren zum Beispiel in seinem Kern eine sehr lineare Aufgabe ist, und die Arbeit eines agilen Coaches das komplette Gegenteil. Die konstante ist der “Circle of inspect and adapt”. Dasselbe gilt, zumindest ist das meine Ansicht, für Produktmanagement in agilen Teams, weil alle “instabilen, sich verändernden” Faktoren auch in die Entwicklung des Produkts fließen, was die Entwicklung wesentlich unlinearer machen kann.

Es liegt in der Natur von Projektmanagement oder “Product Ownership” zu micromanagen und ich befürchte dieser Gefahr muss sich auch der Scrum Master oder agile Coach stellen. Man beginnt nach einer gewissen Zeit unweigerlich die individuellen Eigenheiten und Befindlichkeiten der Teams mit denen man arbeitet zu verstehen und adaptiert auf diese in Mikroleveln zu reagieren und ggf. blind zu werden für die größeren Zusammenhänge.

Die Gründe dafür sind:

  1. Mikromanagement macht einfach viel von der Daseinsberechtigung eines agile Coaches oder Scrum Masters aus, sonst müsste man sich eventuell schon früher eingestehen dass man überflüssig ist.
  2. Letzten Endes nimmt die Arbeit eines Scrum Masters oder agile Coaches die Zeit die ein Team oder eine Organisation neben den operativen, direkt Gewinn erzeugenden Aktivitäten hat und sie kann auch nur in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Individuen geschehen.
  3. Als Moderator kommt die Verantwortung passende Formate bereit zu stellen, diese zu Organisieren und durch sie durch zu führen. Allein dieser Umstand bringt meistens eine Menge Mikromanagement mit sich. Sei ehrlich, wann hat das letzte mal jemand von selbst in den Kalender geschaut und sich einen Termin bei der ersten Erwähnung gemerkt?

Also, ob du magst oder nicht, als agile Coach oder Scrum Master wirst du eine Menge mikromanagen, bewusst oder unbewusst.

Wenn wir also zusammenfassen: Deine Daseinsberechtigung beruht auf dem Ziel dich obsolet zu machen (Revolutionäre oder evolutionäre) Prozesse sind niemals “fertig” Du solltest deinem Umfeld Selbstorganisation beibringen Mikromanagement wird einen essentiellen Teil deiner Arbeit ausmachen

Im deutschen Sprachgebrauch nennen wir das “Teufelskreis” oder wenn wir einen neutralen Begriff wählen wollen: Sempiternal. Die Ouroboros Schlange wäre auch ein treffendes Symbol.

Die Frage die sich stellt: Gibt es eine Alternative? Wenn ja habe ich sie noch nicht gefunden.

Hoffentlich bin ich agil genug dafür.

Disclaimer: Der Artikel ist in keiner Weise pure Polemik oder Kritik am Job eines Scrum Masters oder agile Coaches sondern, eher eine Reflektion und Klarstellung dessen, was ich bis jetzt in der Rolle, die ich ausübe, festgestellt habe.