Gib’s ab und hör endlich auf zu delegieren!

Titelbild des Blogartikels Gib’s ab und hör endlich auf zu delegieren!

Veröffentlicht am Aug 1, 2022 von
Ralph Cibis, Punk seit 2016.
Ralphs Fokus liegt auf leadership & purpose.


Gib’s ab und hör endlich auf zu delegieren!

TL;DR: ist so, lern ich gerade.

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Mein Blick, wenn ich was von meiner Pizza abgeben muss.

Und hier die lange Version für Leute, die Bock haben, das zu lesen: Es begab sich zu einer Zeit, die vielen Menschen als das Sommerloch bekannt ist. Dein halbes Team ist im Urlaub. Dann ist, der Legende nach, auch noch die Pandemie vorbei und überall sprießen Events aus dem Boden. Parallel läuft diese Transition von der Vergangenheit zu end-to-end Teams in deiner Abteilung. Selbst werden auch noch Events und Workshops organisiert, um die eigenen Türen zu öffnen und um Silos abzubauen. Und dann der absolute Hammer: du brauchst auch noch Zeit, um mit deinen eigenen Teammitgliedern regelmäßig zu sprechen. Und mit potenziellen neuen Teammitgliedern, weil Recruiting und dieser War of Talents...

Während also jeden Tag dein Kalender und deine To-Do-Liste ins 1on1-Deathmatch gehen, fällt es dir selbst immer schwerer alles zu überblicken. Irgendwie staut sich hier und da irgendwas an, am Ende des Tages verhandelst du mit dir selbst, welches deiner heutigen To-Dos du morgen auch wieder auf den Folgetag verschieben kannst. Vielleicht machst du das aber auch, während du in einem deiner 1:1-Termine unaufmerksam bist. Oder in der Mittagspause, die du eigentlich dafür hernehmen wolltest, um wieder etwas Stoff zu wechseln. Vielleicht irgendwas Ungesundes, fettiges in Energie umwandeln... yummie!

Und dann delegierst du

„Jo, schau mal, äh... kannst du das übernehmen? Und hier, da liegt noch irgendwie was rum... da... vielleicht kann von euch das ja auch noch wer machen.“ und dabei hilft dir natürlich erstmal die Hierarchie. Wer sollte da schon nein sagen, wenn du etwas fragst. Es stellt sich nur die Frage, ob das wieder nachhaltig ist. Du delegierst deinen Alltag, aber bist ja eigentlich für den Kram noch verantwortlich. Uncool. Aus deinem täglichen da beschäftige ich mich selbst mit wird ein jetzt beschäftige ich mich damit, wie’s jemand anderes gemacht hat. Deine Reporting Line wird zur (haha Achtung, voll witzig gleich...) Reporting Leash und im worst case sitzt du am Ende da und micro-managest das, was andere Gehirne hervorgebracht haben.

Die 5 Dysfunctions Fans werden jetzt schon mit Schaum vorm Mund dasitzen und zitternd irgendwas in Richtung „ja, aber wenn du genug Vertrauen hast, dann kannst du’s ja auch ohne Kontrolle delegieren“ vor sich hersabbern. Bin ganz schön obszön heute... Na ja, muss auch mal.

Und klar: kann ich. Aber hab ich’s in der Realität dann wirklich wirklich (ja, zweimal) vom Tisch? Selten. Irgendwo in der hinteren, linken Ecke meines Kopfes sitzt es noch und will trotzdem Information und fühlt sich trotzdem irgendwie verantwortlich. Und manchmal kommt’s auch vor, Richtung Stirn, und tritt mir von innen an die Schädeldecke. Und dann wird dir bewusst, dass vielleicht nicht immer alles so einfach ist wie in den Theoriebüchern, die du selbst natürlich auch hart feierst. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Meta-Rollen, wie z.B. Coaches immer eine Existenzberechtigung haben werden. Die Realität hat einfach viele Variablen und es braucht Leute, die Systeme analysieren und verstehen. Und vielleicht auch dir den Stups in eine neue Richtung geben.

Und dann gibst du ab

Ja. War wohl voraussehbar, dass es darauf hinausläuft. Das ist aber auch eine wichtige Leadership-Lektion: sei voraussehbar, sei berechenbar. Deine Teammitglieder werden’s dir danken. Das zahlt gut auf dein Integritätskonto ein. Also weiter im Text: Für manche Leute wird es reichen, irgendwelche Aufgaben und Projekte durch die Gegend zu delegieren. Doch für viele nicht.

Manchmal braucht es eher einen Cut. Dieser muss nicht superhart sein, man kann Dinge auch langsam und behutsam schneiden. Doch es befreit den eigenen Kopf, etwas wirklich abzugeben. Verantwortung für ein Projekt wegzugeben, für einen Fachbereich, für irgendwelche operativen To-Dos. Und glaubt mir, es kostet anfangs wahrscheinlich mehr Energie als etwas zu delegieren. Es wird ein ähnliches Gefühl sein, wie wenn du Instagram vom Handy löschst. Dein Muscle-Memory will scrollen! Display an, wisch, wisch, Display aus. Ähnlich ist’s, wenn du etwas, dass einen Teil deines Arbeitsalltags bestimmt hast, wegschneidest.

Um bildlich zu schreiben: du gibst einen Ableger deiner Karrierepflanze weg und hoffst, dass sich die Person, der du ihn gibst, einfach liebevoll drum kümmert. Klingt maximal nach Cringe. Aber so wird’s sein. Wahrscheinlich wäre die passende Millennialmetapher eher was mit einer Sauerteigmutter, die du liebevoll während der Pandemie mehrmals fast umgebracht hättest. Hab nur leider keine Erfahrung damit. Anyway, es wird schwierig einen Teil deiner Verantwortlichkeiten abzugeben. Aber glaub mir: es wird sich gut anfühlen und irgendwann, vielleicht nach ein paar Tagen, vielleicht nach ein paar Wochen, ist dein Kopf von diesem Thema befreit und du kannst dich auf andere, wahrscheinlich genauso wichtige Themen konzentrieren.

Zu guter Letzt: sei egoistisch. Rede dir gern erstmal ein, dass ein Bereich nicht mehr dein Problem ist. ABER: bleibe Berater:in. Sei verfügbar und hilf deiner Nachfolge dabei, Fuß zu fassen. Denn nur wenn du dran bleibst, wirst du irgendwann wirklich loslassen können. Liebe Grüße, Ralph.