Veröffentlicht am Mar 12, 2020 von
Ralph Cibis,
Punk seit 2016.
Ralphs Fokus liegt auf leadership & purpose.
Dominic und ich schreiben den agile punks Blog jetzt seit August 2018. Damals starteten wir mit der Überlegung, bei allen Themen ein Stückchen tiefer zu graben. In der damaligen Naivität der Dinge entstanden ganz coole erste Beiträge zu Themen wie Story Points oder dem Manifest für agile Software Entwicklung. Über die nächsten Monate entwickelte sich aber schnell eine Tendenz zu den Philosophien hinter neuer Arbeit und der klassischen Frage nach dem tieferen Sinn von Organisationen.
Es zeichnete sich ziemlich schnell ab, dass die meisten Problemstellungen, die uns begegneten (als Unternehmer, als Software Entwickler, als Scrum Master, als agile Coaches, als einfache Mitarbeiter, als Studenten…) seltenst methodische Ursachen hatten. Viel mehr zeigte sich immer mehr, dass Probleme dann entstanden, wenn sich persönliche Befindlichkeiten und unausgesprochene Konflikte zwischen den Zeilen versteckten. Aber hey, das liegt auf der Hand. Wäre jeder in der Lage seine Sicht der Dinge offen zu kommunizieren und konstruktiven Konflikt einzugehen, dann wären wir jetzt nicht hier und würden darüber nachdenken, die Probleme unserer Kunden und Arbeitgeber zu lösen.
Was uns immer wieder auf unserem Weg begegnete waren Berater und Zertifikate. Wir trafen zu oft auf Problemlösungsansätze durch Zertifikate oder PowerPoints. Sätze wie „du bist da doch zertifiziert, du musst das doch wissen“ und „können wir die nächsten Slides einfach skippen, ich hab um Halb nen Hard-Exit“ begleiteten unseren Alltag. Ich durfte an Projekten mitarbeiten, an denen auch große Beraterfirmen beteiligt waren. Schlaue Wirtschaftsinformatikabsolventen versuchten uns frisch von der Uni die Welt zu erklären. Natürlich für ordentliche Tagessätze.
Und klar, es macht Spaß zu bashen, sich das Maul über die Inkompetenz der anderen zu zerfetzen. Doch auch wir standen vor schier unüberwindbaren Herausforderungen. Wie soll man Teams die Grundlagen von Agilität oder Frameworks lehren und sie davon überzeugen, dass das ihr Mittel zur Wahl sein könnte? Ich kann für mich selbst sagen, dass ich in meinen ersten Schulungen total unsicher war. Eventuell auch zu grün hinter den Ohren. Denn Captain Hindsight würde mir jetzt sagen: Du hättest deinen Coaches bei der Lösung ihrer Herausforderungen helfen sollen. Diese lagen nicht im Verständnis irgendwelcher Werkzeugkästen.
Freilich, wir müssen Dinge ganzheitlich betrachten. Liegt natürlich auf der Hand. Doch eine Einsicht fehlte noch: Ganzheitliche Betrachtung kann blind machen. Sie hilft einen Überblick zu bekommen, aber frustriert immens, wenn bei tieferem Zoom dann überall kleine Baustellen auftauchen. Eine ganzheitliche Betrachtung auf Makroebene kann schnell dazu führen, dass es gar nicht mehr so klar ist, wo begonnen werden kann Probleme zu lösen.
Jetzt sitzen wir hier. Eine neue Website und die Anzahl der agile punks hat sich verdoppelt. Dominic, Chereen, Max und ich teilen außer Freundschaft auch eine gewisse Sicht auf die Welt. Jeder für sich natürlich mit persönlichen Ausprägungen und Auffassungen, aber im Grunde sind wir vereint. Wir versuchen ein Bewusstsein darüber zu schaffen, dass der Hype um Agile viel Gutes aus den ursprünglichen Ansätzen verbrannt hat. Wir versuchen zu vermitteln, dass Veränderung mit Inspiration von außen zwar bewusst gemacht werden kann, aber ohne den Antrieb von innen heraus niemals stattfinden wird. Wir sträuben uns gegen Berater, die nach Aufwand bezahlt immer neue Werkzeuge auspacken, um ihre Kunden zu manipulieren und zu überfordern.
Schließlich können so weitere Rechnungen geschrieben werden. Wir sind keine Fans von Zertifikaten, vor allem im Bereich Agilität. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Schulung die Denkweise von Menschen verändert, nur weil sie danach ein DIN-A4 Papier zum Ausdrucken bekommen ist recht gering. Wenn Beratung zum Thema Agilität wirklich funktionieren würde, dann würden sich die Beratungsfirmen ja Stück für Stück überflüssig machen. Denn wenn uns der ganze Hype etwas gelehrt hat, dann wollen wir ja Selbstorganisation. Wieso möchten Berater dann keine selbstorganisierten Kunden? Ach ja… passt schlecht ins Geschäftsmodell.
Wir wollen versuchen Beratung neu zu denken. Dieser Satz klingt so, als hätte ihn ein Berater formuliert. Nice. Ich versuch’s nochmal. Wir gehen den Weg des Antihelden. Wir wollen versuchen, euch selbst zu etwas zu machen, mit dem ihr nie gerechnet habt. Wir sind davon überzeugt, dass jede Organisation Antihelden besitzt. Wir helfen euch dabei diese Personen zu finden. Unsere Idee ist einfach: Lasst uns gemeinsam versuchen eure wirklichen Probleme offenzulegen und dann die Leute in eurer Organisation zu finden und zu aktivieren, die diese lösen können. Wir machen das auch nicht als Beraterklitsche.
Wir sind ein freies Netzwerk, jeder der unsere Einstellung und Werte teilt, darf gerne mitmachen. Uns geht es nicht darum, möglichst viele Tage in Rechnung zu stellen. Wir haben Jobs, die wir gerne machen. Wir sind nur überzeugt davon, dass versteckte Potentiale überall aufgedeckt werden können und möchten, dass nicht nur unsere Arbeitgeber, sondern jede Organisation davon profitieren kann. Klingt idealistisch, klar. Aber in Anbetracht dessen, was Agile Consulting, Beratung zu Transformationen und systemisches Coaching mittlerweile bedeuten, klingt es auch idealistisch freiwillig den Müll rauszubringen. #nohate, aber die Beratungsindustrie bedarf einer Überholung und wir als agile punks leisten dafür unseren Beitrag.
Bei agile punks soll es nicht um Buzzwords oder möglichst cleanes Auftreten gehen. Es geht um Authentizität und um Glaubwürdigkeit. Wir sind überzeugt davon, dass die authentischsten und glaubwürdigsten Entscheidungen von euch selbst getroffen werden. Wir begleiten euch, aber schrecken nicht davor zurück anzuecken. Wir versuchen in unserem Netzwerk die passenden Partner zu vermitteln, um eure Probleme anzugehen und eure ganz eigenen Antiberater auszubilden. Natürlich können wir euch ganzheitlich coachen oder in unseren Spezialgebieten weiterentwickeln. Aber wir wollen euch irgendwann ohne Stützräder fahren lassen.
Unsere neue Website soll euch dabei helfen, Inspiration zu finden und mit uns ins Gespräch zu kommen. Wir helfen allen Organisationen gerne, aber nur solange es echte Probleme gibt und diese auch gesehen werden.
Holt euch gerne einen Hoodie, ein T-Shirt oder einen Stoffbeutel und tragt die Message in die Welt. Lasst uns gemeinsam einstehen für moderne Arbeitsweisen, großartige Zusammenarbeit und tiefergreifende Ziele. Ansonsten sind wir einfach noch nicht agile enough!